Der FTTH Glasfaserausbau in Deutschland hinkt immer noch gewaltig den ambitionierten politischen Zielen für eine flächendeckende Versorgung bis 2030 hinter her. Dabei ist die Telekommunikationsbranche zusätzlich mit Fachkräftemangel, mangelhafter oder fehlender Dokumentation, sowie steigenden Kosten für Materialien, Einbau, Finanzierung und Netzbetrieb konfrontiert. Um die Ausbaukosten zu amortisieren, wächst zudem der Druck mehr aktive Kundenanschlüsse zu realisieren, anstelle nur eine „Homes Passed“ Ziele zu verfolgen.
Mit einem ganzheitlichen Ansatz ist es möglich scheinbar widerstrebende Einzelziele miteinander zu verbinden und Lösungen für einen effizienteren FTTH Ausbau zu erzielen. Der Schlüssel hierzu ist das Verständnis des Zusammenspiels aus optimierter Aktiv-Technik, die darauf abgestimmte passive Netzinfrastruktur und die zentralisierte Überwachung auf Basis digitalem Zwilling. Damit können sowohl die anfänglichen Erstellungskosten (CAPEX) reduziert, die Qualität für eine nachhaltige Infrastruktur erhöht und die laufenden Betriebskosten (OPEX) wesentlich gesenkt werden.
Basis der ganzheitlichen Lösung ist die sich wesentlich weiterentwickelte Aktiv-Technik mit der heute standardmäßig verfügbaren XGS-PON Technik. XGS steht für eine Übertragungsrate von 10 Gigabit pro Sekunde symmetrisch pro Port. Und die nächsten Entwicklungsschritte sind bereits greifbar mit Bandbreiten von 40 bzw. sogar 100 Gigabit pro Sekunde. Mit dieser Leistungsfähigkeit ist es möglich, die Aktiv-Technik zentral im POP zu konzentrieren, und die restliche Netzinfrastruktur komplett passiv mit in der Netzarchitektur verteilten optischen Splittern auszuführen, ohne verfügbare Bandbreite für den Endkunden zu reduzieren.
Ein typischer Point-to-Point Netzaufbau für ca. 50.000 Haushalte benötigte bisher 5 große POP Gebäude, welche 50 aktive miniPOPs (in Multifunktionsgehäusen) und diese wiederum in Summe 1.000 Kunden-Anschluss-Verteiler (DP = Distribution Point) versorgen. Durch den Einsatz von XGSPON und z.B. einem Splitter-Verhältnis von 1:128 kann auf große POP Gebäude verzichtet werden. Anstelle dessen werden nur 5 bis 10 miniPOPs (in Multifunktionsgehäusen) und ca. 1100 Verteiler benötigt, welche unterteilt werden in 100 Faser-Konzentrations-Verteiler (FCP = Fiber Concentration Point) und 1.000 Kunden-Anschluss-Verteiler (DP = Distribution Point). Siehe hierzu auch Abbildung 1 und 2.
Mit dieser Reduzierung der benötigten Netzkomponenten POP, miniPOP und Verteiler kann eine wesentliche Kostenoptimierung im Erstausbau erzielt werden. Es werden keine Grundstücke für große POP Gebäude mehr benötigt, da die miniPOPs in Multifunktionsgehäusen platzsparend aufgestellt werden können. Durch die Konzentration der Aktiv-Technik in den miniPOPs sind auch wesentlich weniger Netz-Punkte mit Stromversorgung auszulegen. Die restliche Netzinfrastruktur besteht aus rein passiven Komponenten. Wichtig bei diesem Schritt ist es, dass weiterhin ausreichend Leerrohrkapazität in Form von zusätzlichen Mikrorohren eingeplant und verlegt werden, um für zukünftige Bedarfe gerüstet zu sein, denn die Haupt-Kosten des FTTH Ausbaus sind die Tiefbau-Kosten für die Leerrohr-Infrastruktur. Durch vorausschauende Netzplanung, qualitativ hochwertigen Mikrorohren und zugehörigen System-Formteilen (Steckverbinder, Endkappen, Einzelzugabdichtungen) schafft sich der Netzbetreiber eine solide Basis für zukünftiges erfolgreiches Wachstum. Nicht umsonst wird die Leerrohr-Infrastruktur als das Gold der Netzbetreiber bezeichnet.
Mit der Konzentration der Aktiv-Technik im miniPOP wird in der Netzarchitektur eine kaskadierte optische Splitterung aufgebaut. Für das zuvor erwähnte typische Splitterverhältnis von 1:128 werden im Faser-Konzentrations-Verteiler z.B. 1:8 Splitter eingebaut. Die zuführenden Glasfaserkabel können bei entsprechender Planung über mehrere Faser-Konzentrations-Verteiler in einem Einblasvorgang eingebracht werden. Der Verteiler muss somit die Ausstattung Kabelüberlängen-Ablage und Splitter-Kassetten aufweisen. Außerdem sind abgehende Mikrorohre für die Anbindung von 10 – 15 Kunden-Anschluss-Verteilern mit Rohrdurchmesser von 12 bzw. 14 mm notwendig. Die Kunden-Anschluss-Verteiler sind ebenfalls für die optimierte Kabelanbindung mit Überlängen-Ablage auszuführen. In diesen Verteilern werden z.B. 1:16 Splitter eingebaut und sämtliche für den zukünftigen FTTH-Ausbau benötigten Fasern gespleißt. Dabei wird unterschieden, zwischen Kundenanschluss-Fasern welche im Erstausbau direkt bis zum Kunden geführt werden und den Fasern, welche für den nachträglichen Anschluss, im Fachjargon auch „Homes-Passed-Plus“ genannt, benötigt werden.
Im Erstausbau werden die Hausanschluss-Fasern im Kunden-Anschluss-Verteiler durchgespleißt. Um den Hausanschluss effizienter auszuführen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: a) Es werden vorkonfektionierte Kabel eingesetzt, so dass zumindest beim Kunden auf Spleißarbeiten im Gebäude verzichtet werden kann (z.B. Stingray vorkonfektioniert). b) Mit einer Einblasbox (z.B. HexaSpeed EasyConnect) kann die Anzahl der Kundenbesuche reduziert und der Kabeleinblasprozess effizient durchgeführt werden.
Für die Nachanschlüsse ist zu empfehlen, dass möglichst viele Arbeiten bzw. Material schon vorgerüstet werden, um Kunden zu einem späteren Zeitpunkt schnell und kostengünstig anschließen zu können. Auch hierfür stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: a) Es wird zumindest das für den nachträglichen Anschluss benötigte Mikrorohr bis auf das Grundstück des zukünftigen Kunden geführt und dort mit Überlänge und Ortungsstift abgelegt. b) Es wird das Kabel bis auf das Grundstück geführt und in einer HP+ Kabelbox auf dem Grundstück abgelegt. Damit spart man sich den Einblasvorgang beim Nachanschluss und kann den Kundenanschluss innerhalb von sehr kurzer Zeit realisieren, da das Kabel bereits beim Kunden vor Ort liegt. c) Im Kunden-Anschluss-Verteiler werden die für Nachanschlüsse benötigten Fasern auf ein Patch-Feld gespleißt (siehe Abb. 4). Die beim Nachanschluss eingeblasenen Fasern werden vorkonfektioniert ausgeführt und somit entfallen die Spleißarbeiten sowohl am Verteiler als auch im Gebäude des Kunden.
Das komplette Vorrüsten selbst der zu einem späteren Zeitpunkt benötigten Fasern in HP+ oder Patch-Feld Ausführung, ermöglicht die 100-prozentige Abnahmeprüfung mit Reflektor und zentralisierter Messtechnik (z.B. EXFO RFTM). Mit der so ausgeführten Abnahmeprüfung erhält man die Bestätigung, dass die gebaute Infrastruktur der georeferenzierten Planung entspricht, bzw. kann man die Plan-Daten zum Abnahmezeitpunkt an die gebaute Realität anpassen. Somit liegt ab diesem Zeitpunkt ein digitaler Zwilling der gebauten Infrastruktur vor. Und zwar nicht nur für die bereits ausgeführten Hausanschlüsse und zu diesem Zeitpunkt bereits vertraglich gebundenen Kunden, sondern auch für sämtliche Fasern der Nachanschlüsse. Die im Erstausbau umgesetzte und jetzt zu bezahlende Infrastruktur-Investition ist damit zu 100% geprüft und kann in die Online-Überwachung überführt werden.
Wie bereits angesprochen, macht es mit einer zentralisierten Aktiv-Technik absolut Sinn auch die Abnahmeprüfung und das daran anschließende Netz-Monitoring zentralisiert durchzuführen. EXFO hat hierfür das „Remote Fibre Testing and Monitoring“ entwickelt, welches in Deutschland über Opternus in den Markt gebracht wird. Die Bereits aktiven Kunden als auch die vorgespleißten Kunden-Anschlüsse können über das Monitoring überwacht werden und der Netzbetreiber hat zu jedem Zeitpunkt den vollen Überblick von seinem Netzstatus bezogen auf die bereits vorhandenen Kunden als auch die vorbestückten Nachanschlüsse. Damit ist man jederzeit Herr der Lage und kann Wartungsarbeiten bzw. Entstörungseinsätze sehr gezielt einsetzen. Mit der Überlagerung der EXFO RFTM Daten mit einer georeferenzierten Netzkarte, dem digitalen Zwilling, ist es möglich Entstörungseinsätze gezielt an den Punkt im Netz zu schicken, wo auch tatsächlich der Fehler aufgetreten ist. Ein so betriebenes Netz führt sowohl zu einer höheren Kundenzufriedenheit als auch zu weniger und zielgerichteteren Service-Einsätzen. Dies wiederum beeinflusst die Betriebskosten positiv.
In Bezug auf die Nachhaltigkeit spart man beim Betrieb eines XGSPON Netzes im Vergleich zu bisherigen Point-to-Point Netzen ca. 95% des Energieverbrauchs gem. einer Vergleichsbetrachtung von Calix, einem renommierten Aktiv-Technik Hersteller. Mit der zentralisierten Aktiv-Technik werden auch die Wartungsarbeiten als auch die zu betreibenden Systeme reduziert, was sich wiederum positiv auf die Betriebskosten und Nachhaltigkeitsbilanz auswirkt. Darauf aufbauend kann auch die passive Netzinfrastruktur mit weniger bzw. kleineren Komponenten ausgeführt werden. Zum Beispiel ist es möglich statt großer POP Gebäude nur Mulitfunktionsgehäuse als miniPOP aufzustellen. Auch bei den verwendeten Glasfaserkabeln und den Mikrorohren ist eine erhebliche Reduzierung des CO2-Fußabdruckes möglich. Durch CO2-neutrale Produktion in den europäischen Produktionsstandorten der Hexatronic-Gruppe gepaart mit aktiver Kreislaufwirtschaft und Miniaturisierung der Glasfaserkabel (ABF anstelle von Nanokabeln) ist es möglich, in der Hausanschlussebene 77% des CO2-Fußabdruckes einzusparen. Zusätzlich kann durch die zentralisierte Überwachung des Netzes auch eine vorausschauende Wartung und zielgerichtete Service-Einsätze durchgeführt werden, was wiederum im Betrieb Ressourcen schont.
Abschließend kann zusammengefasst werden, dass durch den Einsatz von XGSPON Aktivtechnik, der darauf abgestimmten Netzinfrastruktur und der zentralisierten Abnahmeprüfungen, sowie Netzüberwachung erhebliche Wirtschaftlichkeitssteigerungen und Emissionseinsparungen erzielt werden können. Für Zentraleuropa wird über die zur Hexatronic Gruppe gehörenden Firmen Hexatronic, Opternus, homeway, Apticom und TKKF ein ganzheitlicher Lösungsansatz für einen effizienten und zukunftssicheren FTTH Ausbau angeboten. Gerne unterstützen wir Sie bei Ihren FTTH Ausbauprojekten bzw. der Migration der vorhandenen Netze zu XGSPON.
Wir begleiten Sie auf Ihrem Migrationsweg mit unserem umfassenden Know-How über das Zusammenspiel aus aktiver Technik und passiver Netzarchitektur mit Planungsunterstützung, vorkonfektionierten Materialpaketen und optimierter Logistik & SupplyChain.
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